Eine nachhaltige bAV hat viele Perspektiven

Pressemitteilung der Pensions-Akademie e.V. Frankfurt am Main, 10.10.2019

Auf der Herbsttagung der Pensions-Akademie e.V. hat der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) für eine private Altersvorsorge geworben, die die schwächelnde Riester-Rente ersetzen sollte.

Mit seinem Konzept für eine „Deutschland-Rente“ will Schäfer die Verbreitung von privaten Altersvorsorgeverträgen stark erhöhen. Er argumentiert, dass die 2001 eingeführte Riester-Rente nicht den erhofften Erfolg gebracht hat, da nicht einmal die Hälfte der rund 45 Millionen Arbeitnehmer mit Riester sparten. Und von den 16 Millionen Riester-Verträgen, seien noch fünf Millionen ruhend gestellt.

„Wir haben gesehen, dass der Versuch, die Stärkung der Altersvorsorge dem Markt und den Bürgern zu überlassen, zu einem nicht unwesentlichen Teil schiefgegangen ist“, sagte Schäfer auf der Tagung. „Wenn wir das über 15 Jahre beobachten, dann müssen wir auch als marktwirtschaftlich orientierte Menschen zur Kenntnis nehmen, dass der Markt alleine diese Frage nicht lösen kann.“

Schäfers Konzept sieht vor, dass der Arbeitnehmer automatisch eine private Altersvorsorge bekäme – es sei denn er will sie nicht oder es besteht bereits eine ausreichende bAV-Absicherung. Der Arbeitnehmer könnte dann entweder selbst ein Anlageprodukt bestimmen oder der Arbeitgeber würde das Produkt für ihn aus einer Liste von Produkten auswählen, die bestimmte Mindestkriterien erfüllen. Eins der Produkte wäre dabei auch der staatlich organisierte Deutschlandfonds. Er soll zu Wettbewerbsbedingungen gegen die private Konkurrenz antreten und so Orientierung in einem für viele Bürger schwer zu überblickendem Markt bieten.

Die Deutschland-Rente unterscheidet sich von Riester und von anderen bAV-Angeboten, weil sie für den Arbeitnehmer und Arbeitgeber zunächst verpflichtend wäre. Auf die Frage, ob dies eine Zumutung für den Arbeitgeber wäre, sagte Schäfer: „Ich denke nicht. Der Arbeitgeber führt heute die Krankenkassenbeiträge genauso wenig mürrisch ab wie er die Beiträge an dieser Stelle abführen würde.“ Schäfer hat im März 2018 sein Konzept dem Bundesrat zugeleitet. Seitdem ist aber nichts passiert. Politiker aus der Regierungskoalition von CDU/CSU und SPD sind sich nämlich nicht einig, ob die private oder betriebliche Altersvorsorge in Deutschland obligatorisch gemacht werden sollte.

Ein weiterer Höhepunkt der Pensions-Akademie-Tagung war die Rede von Barthold Kuipers, bAV-Experte bei der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung, die EIOPA.

Kuipers präsentierte die Stellungnahme der EIOPA zur Überwachung des Managements von ESG-Risiken durch EbAV (Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung), um damit die nationalen Aufsichtsbehörden bei der Umsetzung der Nachhaltigkeitspflicht (ESG im Fachjargon) in Bezug auf die EbAV II-Richtlinie zu unterstützen.

Laut Kuipers sind Pensionsfonds und Pensionskassen in Deutschland nicht verpflichtet, ESG-Kriterien bei Ihrer Kapitalanlage zu berücksichtigen. Wenn sie es nicht tun, müssen sie diese Tatsache ihren Versicherten mitteilen.

Jedoch erwartet die EIOPA von den nationalen Aufsichtsbehörden, dass sie die Pensionsfonds und Pensionskassen dazu auffordern, in ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft, die Auswirkungen ihrer langfristigen Investitionsentscheidungen und -aktivitäten auf die ESG-Kriterien zu berücksichtigen. Als Einrichtungen, die mit dem sozialen Ziel der Altersvorsorge betraut sind, sollten sie mit gutem Beispiel für verantwortungsbewusstes Handeln vorangehen.

Gleichzeitig betonte Kuipers, dass die Pensionseinrichtungen die Risiken, die mit der Nichteinhaltung von ESG-Kriterien zusammenhängen, berücksichtigen müssen. „Das ist unsere Interpretation der EbAV-II-Richtlinie. Wir unterscheiden damit zwischen ESG-Risiken, denen die Einrichtung ausgesetzt werden könnten und den ESG-Faktoren, die für die Umwelt und Gesellschaft insgesamt relevant sind. Die Berücksichtigung von Letzterem ist freiwillig“, sagte er.

Kuipers insistierte: „Risikomanagement ist ein wesentlicher Bestandteil der Kapitalverwaltung und deshalb müssen sich auch deutsche Pensionseinrichtungen mit dem Thema ESG auseinandersetzen.“

Die EbAV-II-Richtlinie stand auch im Mittelpunkt der Präsentation von Kristina Stiefel, Direktorin bei der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC.

Laut Stiefel enthält die inzwischen auch im VAG umgesetzte Richtlinie u.a. neue Meldepflichten, die grundsätzlich für alle Pensionskassen und Pensionsfonds gilt, die der EbaV II-Richtlinie unterliegen. Erstmalig ab dem dritten Quartal 2019 müssten Pensionseinrichtungen mit einer Größe von über einer Milliarde Euro Bilanzsumme eine vollständige Meldung an die BaFin und die Bundesbank auf Quartalsbasis sowie ab Ende 2019 auf Jahresbasis richten. Diese Meldung enthält zum einen Basisinformationen über die Tätigkeit der Einrichtung und über grenzüberschreitende Aktivitäten sowie Informationen zu Bilanz, Kapitalanlagen und -erträge, Pensionsverpflichtungen und sonstige Rückstellungen/ Verbindlichkeiten. Auch Pensionseinrichtungen mit einem Bilanzvolumen unterhalb von einer Milliarde Euro, aber über 25 Millionen Euro müssen an die BaFin und Bundesbank berichten, allerdings mit Erleichterungen und nur auf Jahresbasis. Kleinere Pensionseinrichtungen, deren Bilanzvolumen unter 25 Millionen Euro liegen oder weniger als 100 Mitglieder haben, sind zwar von der Meldung an die BaFin befreit, müssen jedoch für statistische Zwecke vereinfachte Meldungen an die Bundesbank einreichen.

Laut Stiefel beklagen die Einrichtungen bereits den Aufwand, den die Meldepflicht verursachen dürfte. So müssten die Einrichtungen zum Beispiel einen vier- oder fünfstelligen Betrag in IT-Lösungen investieren. Weiterhin entstünden laufende Kosten für die IT-Pflege, und schließlich würden Aufwände für die jeweilige Erstellung der Meldungen anfallen. „Aus meinen Gesprächen erlebe ich, dass viele Pensionseinrichtungen den Aufwand als hoch einschätzen“, sagte sie den Teilnehmern.

Ein weiterer Höhepunkt der Fachtagung war die Vorstellung eines neu etablierten „Deutschen ESG Pensions Award“ durch die Gründer der Pensions-Akademie, Frank Vogel und Jürgen Scharfenorth. Durch die Einführung dieser Auszeichnung möchten die Mitglieder der Pensions-Akademie das Bewusstsein für eine nachhaltige Kapitalanlage von EbAVs weiterhin stärken und fördern. Bewerbungen für die Auszeichnung können deutsche Pensionseinrichtungen bis Ende Dezember einreichen. Im Januar wird eine unabhängige Jury den Gewinner auswählen, der bei der Auftaktveranstaltung der Pensions-Akademie im Februar 2020 verkündet werden soll.

Weitere Referenten der Herbsttagung waren Laura Leithold (MetallRente), Ralf Bräuer (Spängler IQAM Invest), Thies Clemenz (CACEIS) und Hans-Jürgen Dannheisig (Nixdorf Kapital). Leithold legte eine „Jugendstudie“ vor, wonach nur noch 48 Prozent der jüngeren Arbeitnehmer für das Alter sparen würden. 2010 waren es noch 55 Prozent. Leithold plädierte dafür, dass die Politik etwas gegen diese negative Tendenz unternimmt. Leithold verkündete auch eine positive Nachricht in Sachen Sozialpartnermodell. Etwa Zweidrittel der Befragten in der Studie gaben an, auf eine Garantie von einem Prozent bei der Betriebsrente verzichten zu wollen, wenn ihnen eine höhere Leistung zugesprochen würde. Unter dem Sozialpartnermodell, was bislang in Deutschland nicht umgesetzt ist, sollen die Garantien für Betriebsrenten fallen.

Bräuer sprach darüber, dass die künstliche Intelligenz (KI) bei der Kapitalanlage zunehmend wichtiger wird. Er vertrat sogar die Ansicht, dass sich Portfoliomanager künftig nur noch auf die Daten von Maschinen verlassen werden anstatt auf die Analysen von internen Research-Teams. Clemenz fasste die Trends bei Sachwerten-Investments zusammen, während Dannheisig die nachhaltige Investmentstrategie der Family Office Nixdorf Kapital vorstellte.