„Die bAV muss zum Friseur!“

Unsere Herbsttagung bot erneut ein breites Spektrum an zukunftsträchtigen Vorträgen. Mit einer Zusammenfassung ausgewählter Statements und Kernaussagen aller Referenten möchten wir einen Rückblick auf die Veranstaltung geben sowie noch offene Fragen und Herausforderungen der bAV thematisieren.

BRSG: ein erster Eindruck und ein letzter Appell

Dr. Marco Arteaga (Partner DLA Piper) nahm als zweiter Referent das BRSG ins Visier und wollte über Vertragsmodelle in der Praxis berichten, die nach den neuen Anforderungen entstanden sind. Doch zu berichten gab es diesbezüglich wenig: es werden an vielen Stellen erst noch Gespräche über tarifvertragliche bAV geführt, konkrete Entscheidungen sind bisher ausgeblieben. Viel wichtiger war letztlich eine Art besonderer Appell an das Parkett: Wenn im Zuge des BRSG die bAV keinen wesentlichen Aufschwung verzeichnet und die Rentenkommission nicht bis Ende 2019 entsprechend klare Signale erhält, damit die zweite Säule in Breite einen substantiellen Beitrag zur Altersvorsorge schaffen kann, werden andere Konzepte den Vorrang erhalten. Dann könnte beispielsweise die Deutschlandrente eine Alternative werden und relevante Beitragssummen künftig an der bAV vorbeifließen.

Risiken in der bAV? Wie sollten die aussehen?

Dr. Torsten Köpke von The Silverfern Group erinnerte an die unterschiedliche Bedeutung des Begriffes Risiko und welches Zusammenspiel Risiken allgemein mit Chancen eingehen. Dafür holte er seine Zuhörer sozusagen historisch ab: „Wissen Sie noch, was Zinsen sind und wer die früher wofür bezahlt hat?“, ehe er auf originelle Art zu verschiedenen Verständnissen von Risiko überleitete. Seine Überzeugung, die wohl auch auf die bAV gemünzt war, lautete: „Es gibt keine per se riskanten Anlagen, sondern nur solche, die nicht zum beabsichtigten Ziel passen!“

Garantien lassen sich so oder so sehen

Thematisch gut dazu passte der Vortrag „Garantieverbot = Kapitalverlust / Mythen und Fakten zum Umgang mit Garantien“ von Ralf Bräuer (Spängler IQAM Invest GmbH), der sich zentralen Fragen im Kontext von Garantien widmete. Hierbei standen Erkenntnisse aus der Kapitalmarktpraxis, Auswirkungen des Niedrigzinses, die Wahrscheinlichkeit von Kapitalverlusten und entsprechende Schlussfolgerungen für die kapitalgedeckte Altersversorgung im Fokus.

„Die bAV muss auch beim Friseur ankommen!“

Prekäre Einkommenssituationen, eine bAV abseits gängiger Tarifverträge, weniger Komplexität für einfache Zielgruppen – im obigen Zitat von Andre Cera (Otto Group) kommt letztlich all das zur Sprache, was die bAV heutzutage und hierzulande berücksichtigen muss. Herr Cera kam in seinem praxisnahen Vortrag regelmäßig auf das Berufsbild des Friseurs zu sprechen, um zu verdeutlichen, wie weit die bAV mitunter noch von so mancher ihrer Zielgruppen entfernt geblieben ist. Vor allem von jenen, die es dringend nötig hätten. In einem diesbezüglichen Punkt (Freibetrag bei Grundsicherung) hat Herr Cera das BRSG übrigens sehr positiv betrachtet, obwohl es ansonsten in der Praxis letztlich noch nicht so überzeugen konnte. Dafür ist der administrative Aufwand gestiegen – vor allem durch den verpflichtenden AG-Zuschuss.

Grenzen könnten fallen, auch in der bAV

„Europa braucht mehr PEP(P) in derAltersvorsorge!“, so könnte die wichtigste Intention aus dem Vortrag von EIOPA-Expertin Sandra Hack zu einem geplanten gesamteuropäischen Pensionsprodukt lauten. PEPP steht in diesem Fall für Pan-European Personal Pensions Product (PEPP). Dahinter verbirgt sich eine noch zu entwickelnde Pensionslösung, die als grenzenloses Qualitätslabel für die europaweite Altersvorsorge produktseitig vereinheitliche Standards schaffen soll – ein in vielerlei Hinsicht überaus ambitioniertes Projekt.

VAIT: Zeit zu handeln, eigentlich höchste Zeit

Im Hinblick auf VAIT (Versicherungsaufsichtliche Anforderungen an die IT) zeigte Nikolaus Schmidt-Narischkin von Willis Towers Watson nicht nur, wie punktuell diese Anforderungen sind, sondern auch wie hoch der entsprechende Handlungsdruck eigentlich sein sollte. Schließlich läuft zum Jahresende die Frist ab und VAIT war bei vielen Teilnehmern noch gar nicht so richtig auf der Agenda. Zeit, das zu ändern!

Mehr Digitalisierung wagen!

Wie konkret uns und unsere Arbeitswelt die Digitalisierung letztlich prägen und verändern wird, das wird sich erst sukzessive erkennen lassen. Doch Jan Richter von KPMG gab uns schon einen erstaunlichen wie hörenswerten Eindruck – dank bAV-spezifisch programmierter Alexa-Box und weiteren Perspektiven, die neue Technologien und autonome Prozesse ermöglichen. Unser Referent jedenfalls ist überzeugt: das Thema Change Management und artverwandte Prozesse oder Strukturen gewinnen allgemein an Bedeutung!

Digitale Lösungsansätze bei zunehmender Regulatorik

Vielleicht wird Digitalisierung auch immer mehr zu einem „Muss“ – zumal, wenn die regulatorischen Herausforderungen für Pensionseinrichtungen ansonsten nicht mehr effizient umsetzbar sind, worüber Harold Keller & Joachim Brückmann von der CACEIS Bank S.A. spekulierten. Dafür präsentierten sie beispielhaft regulatorische Anforderungen an Pensionseinrichtungen und mit welchen Lösungsansätzen diesen begegnet werden kann.

Transparenz schlägt Garantie

Wie sich auch oder gerade in Zeiten von Garantieverzicht und AG-Enthaftung der Wunsch nach mehr Altersrente realisieren lässt, zeigte Hans-Peter Bauder von der KAS BANK N.V. – German Branch: Dabei standen Governance und Transparenz im Fokus. Denn so ließen sich entlang der kompletten Wertschöpfungskette gezielt Kosten senken und somit Renditen erhöhen.

Wir blicken auf eine Veranstaltung mit vielfältigen Denkanstößen, lebhaften Diskussionen sowie einem facettenreichen Feedback zurück und freuen uns bereits jetzt auf die Jahresauftaktveranstaltung bAV 2019.