Dänemark hat sich entschieden, die Altersarmut zu eliminieren

Ein Däne bekommt fast doppelt so viel Rente wie ein Deutscher, erfuhren bAV-Experten auf der Jahresauftaktveranstaltung betriebliche Altersversorgung 2018 der Pensions-Akademie. Auch die Niederlande haben eine hohe Altersabsicherung dank allgemeinverbindlicher Betriebsrenten erreicht.

Die neue Regierungskoalition hat angekündigt, die wackelnde gesetzliche Rentenversicherung (GRV) zu stützen. Mit Hilfe zusätzlicher Milliarden aus der Steuerkasse soll das Rentenniveau nicht unter 48 Prozent sinken. Trotzdem wird das nicht reichen, um Altersarmut in Deutschland zu verhindern. Viele Arbeitnehmer haben trotz jahrelanger Zahlungen in die GRV nicht mehr Rentenansprüche erworben als ihnen die Grundsicherung bringt.

Vor diesem Hintergrund lohnt sich ein Blick nach Dänemark, wo die Regierung die Altersarmut weitgehend in den Griff bekommen hat. Das zeigen Berechnungen aus Dänemark, die auf der Jahresauftaktveranstaltung der Pensions-Akademie e.V. im Frankfurter Haus am Dom präsentiert wurden.

Laut den Berechnungen hat ein unverheirateter dänischer Arbeitnehmer mit 65 Jahren einen monatlichen Rentenanspruch von 2.003 Euro. Das ist nahezu das Doppelte von dem, was ein vergleichbarer deutscher Arbeitnehmer zu erwarten hat, nämlich 1.106 Euro*. „Dänemark hat sich dafür entschieden, mittels einer auskömmlichen zu erwartenden Rente das Thema der Altersarmut weitgehend zu eliminieren“, sagte Thomas Brand, Head of Institutional Business für die DACH-Region bei Jyske Bank. Als zusätzliches Element im dänischen Altersversorgungssystem nannte Brand die obligatorischen Betriebsrenten, die für eine noch bessere Absicherung der Dänen im Alter sorgen.

Seit 1952 sind Betriebsrenten in einem weiteren Nachbarland obligatorisch: den Niederlanden. Heute verfügt das kleine Land über eines der am weitesten entwickelten bAV-Systeme der Welt, was eine hohe Altersabsicherung ermöglicht. In Zahlen: 8,6 Millionen Arbeitnehmer stehen einem Pensionsvermögen von 1,2 Billionen Euro gegenüber. In Deutschland, einem Land mit rund 45 Millionen Erwerbstätigen, betragen die bAV-Deckungsmittel 575 Milliarden Euro. Auf der Veranstaltung haben Hans-Peter Bauder, Head of Business Development Pensions bei der KAS BANK N.V. – German Branch und Sybrand Nauta, Mitglied des Aufsichtsrates beim Pensionsfonds der niederländischen Privatbank Van Lanschot, die Vorteile des niederländischen bAV-Systems erläutert. Zu diesen Vorteilen gehören die steuerliche Absetzbarkeit von Betriebsrenten, die niedrigen Kosten durch das „Sozialpartnermodell“ (in dem Modell sind Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter die Träger von größeren Pensionsfonds) sowie die Portabilität von Rentenansprüchen.

Auch die Bundesregierung hat die hiesige bAV als wichtiges Instrument zur Altersabsicherung erkannt. Seit 2002 wird sie gefördert, doch wurden bislang nicht alle Versorgungslücken geschlossen. Die Regierung hegt daher hohe Erwartungen an das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG), das Anfang Januar in Kraft trat. Das BRSG führt unter anderem ein kostengünstiges Sozialpartnermodell ein und schafft die üblichen Garantien auf Betriebsrenten ab. Die Abschaffung solcher Garantien dürfte übrigens für deutsche Arbeitnehmer kein Problem sein, meint Heribert Karch, Geschäftsführer der MetallRente GmbH und Vorstandsvorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung (aba). „Wir hören immer, dass die Deutschen auf ihre Garantien nicht verzichten wollen. Allerdings zeigt eine neue Umfrage, dass 73 Prozent der Arbeitnehmer eine Betriebsrente auch ohne Zins-Garantie akzeptieren würden, sofern sie eine höhere Rente erwarten können“, sagte Karch. Karch hat zudem die Möglichkeit des sogenannten „Opting-Out-Modells“ unter BRSG begrüßt. Mit dem Modell würde der Arbeitnehmer automatisch in einen bAV-Plan einbezogen, es sei denn er spricht sich explizit dagegen aus. Das BRSG sieht allerdings vor, dass die Abschlüsse ohne Garantie zunächst von den Sozialpartnern hierzulande ausgehandelt werden sollen. Bei einer Podiumsdiskussion hat Peer-Michael Dick, Hauptgeschäftsführer von Südwestmetall, erklärt, dass derartige Verhandlungen nicht vor 2019 zu erwarten seien. Im Jahr danach könnten dann mögliche Ergebnisse umgesetzt werden, so Dick weiter. Solange müssen also nicht tarifgebundene Unternehmen warten, falls sie sich für die neuen Betriebsrenten unter dem BRSG interessieren.

Henriette Meissner, Geschäftsführerin Stuttgarter Vorsorge-Management GmbH und Vorstand aba, sagte bei der Diskussion, dass gerade bei nicht tarifgebundenen Unternehmen der Beratungsbedarf in Sachen BRSG sehr hoch sei. Marcus Müller, Pensions Expert bei Covestro Deutschland AG, drückte seine Hoffnung aus, dass das BRSG die Versorgungslücken außerhalb Branchen wie Chemie oder Metall schließen werde. In der Chemie-Branche beispielsweise sei eine bAV-Durchdringung von 90 Prozent bereits erreicht worden. Sabine Peters, Vorstandssprecherin der Pensionskasse vom Deutschen Roten Kreuz, hat ferner ein wachsendes Interesse an der bAV bei der jüngeren Generation festgestellt. Dies dürfte zu einer höheren bAV-Durchdringung beitragen, meinte sie.

Die in der Finanzwelt vielbesprochene Digitalisierung war ein weiterer Themenschwerpunkt der Veranstaltung. So präsentierten das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA) und das Berliner Start-up Unternehmen fairr.de Onlinekonten, auf denen Arbeitnehmer ihre gesamten Vorsorgeansprüche – also gesetzlich, betrieblich und privat – bündeln und verfolgen können. Johannes Vogel, Mitglied des deutschen Bundestages und arbeitsmarktpolitischer Sprecher der FDP Bundestagsfraktion, begrüßte die Ausweitung der digitalen Angebote. „Solche verbraucherfreundlichen und transparenten Plattformen würden die Attraktivität der Altersvorsorge erhöhen“, sagte er.

Manuela Zweimüller, Leiterin der Abteilung Policy bei der europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA eröffnete die Fachtagung mit einem Vortrag über die neue EU-Pensionsfonds-Richtlinie „IORP II“. Diese enthält eine Reihe von Maßnahmen, die das Pensionsfondsmanagement verbessern sollen. So müssen „erfahrene und objektive“ Personen zentrale Aufgaben wie Risikomanagement und Versicherungsmathematik übernehmen. Auch kleinere Pensionseinrichtungen müssen regelmäßige Risikobewertungen vornehmen. Auf Nachfrage räumte Zweimüller ein, dass die Richtlinie zunächst einmal mehr Aufwand für die Einrichtungen bedeuten würde. „Aber nach dieser Anfangsphase gehe ich davon aus, dass es für alle Beteiligten einfacher sein wird“, sagte sie. „Diese Maßnahmen dienen dazu, ein hohes Maß an Schutz und Sicherheit für Versorgungsanwärter und Leistungsempfänger betrieblicher Altersversorgungssysteme zu gewährleisten.“

*Für den deutschen Arbeitnehmer wurden ein Monatseinkommen von 2.500 Euro sowie 45 Beitragsjahre in die GRV unterstellt.

Der nächste Senior Round Table ist für den 8. März 2018 vorgesehen. Nähere Informationen folgen.

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